
13. Philosophicum Lech
Vom Zauber des Schönen
Reiz, Begehren und Zerstörung
Freitag, 18. September 2009 um 17.00 Uhr
Vom "Arkadien im Herzen Europas" zur Sport-, Event- und Funregion.
Die "schönen" Alpen zwischen Bewunderung und Langeweile
Univ. Prof. Dr. Werner Bätzing
Referent
Zur Person
Geboren 1949 in Kassel und wuchs in einer Pfarrersfamilie im ländlichen Raum Nordhessens auf, zuerst im damals noch sehr traditionell geprägten Dorf Istha, ab 1956 in der Kleinstadt Fritzlar. Nach dem Abitur 1968 studierte er Evangelische Theologie und Philosophie an der Kirchlichen Hochschule Bethel bei Bielefeld und an den Universitäten Tübingen und Heidelberg, was er im Sommer 1974 mit dem Ersten Theologischen Examen in Heidelberg abschloss. Angeregt durch seinen Hochschullehrer, den Heidegger-Schüler Wilhelm Anz (Bethel), bildete die Auseinandersetzung mit Fragen der Naturphilosophie und Naturzerstörung bereits vor dem Einsetzen der Ökologiebewegung einen Schwerpunkt in seinem Studium, und parallel dazu entwickelte sich bei ihm allmählich ein Interesse für gesellschaftspolitische Fragen.
Nach dem Studium ging er 1974 nach Berlin und arbeitete dort ein Jahr lang als Religionslehrer an einem Gymnasium. Weil er sich aber mit dem Christentum nicht mehr identifizieren konnte, kündigte er und suchte sich eine Lehrstelle. Von 1976 bis 1978 absolvierte er eine Ausbildung („Lehre“) zum Sortimentsbuchhändler (Landkarten und Reiseführer als Spezialgebiet) und war anschließend bis 1981 in verschiedenen Berliner Buchhandlungen und Verlagen als Buchhändler und Buchhersteller tätig. Dabei besaß das Engagement in der Gewerkschaft „Handel, Banken, Versicherungen/HBV“ (heute: ver.di) einen wichtigen Stellenwert für ihn.
Mit dem Umzug nach Berlin im Jahr 1974 veränderten sich seine Urlaubsbedürfnisse: An die Stelle der Suche nach Distanz zu den mitteleuropäischen Selbstverständlichkeiten (deshalb zwischen 1969 und 1974 längere Reisen nach Israel, in die Türkei, auf den Balkan und im Mittelmeerraum) trat jetzt die Suche nach Distanz zur hektischen Großstadt Berlin. In dieser Situation wurde die Erinnerung an die Alpen – die er zwischen 1964 und 1967 in Gsteig/Berner Oberland kennen gelernt hatte – wieder wach. Deshalb fuhr er im Sommer 1976 von Berlin in die Alpen, ins Ötztal, was aber gar nicht seinen Erwartungen entsprach. 1977 war er dann das erste Mal in den südpiemontesischen Alpen, die ihn sofort so stark faszinierten, dass er 1978 eine Zeit der Arbeitslosigkeit nutzte, um drei Monate lang durch die gesamten Südwestalpen – von Menton an der Riviera bis nach Aosta – zu wandern.
Seit dieser Zeit wurden ihm die Alpen immer wichtiger: Zuerst standen sie im Mittelpunkt seiner Urlaubszeiten, 1981-1982 nahm er eine selbständige Tätigkeit für die „Nordhessische Fachwerkhausbörse“ in einem Architekturbüro im Kontext des Denkmalschutzes an, um mehr Zeit für die Alpen zu haben, und von 1983 bis 1987 studierte er Geographie an der Technischen Universität Berlin, um sein Alpeninteresse fachlich zu vertiefen und eine Berufstätigkeit im Alpenbereich vorzubereiten. In dieser Zeit erschien 1984 die erste Fassung seines Alpen-Buches, mit dem er überregional bekannt wurde.
1988 holte ihn Prof. Paul Messerli an das Geographische Institut der Universität Bern (Schweiz), wo er in kurzer Zeit promovierte (1989) und habilitierte (1993) und von wo aus er zahlreiche, teilweise viel beachtete öffentliche Beiträge zur Alpendiskussion leistete.
Im Jahr 1995 erhielt er einen Ruf an die Universität Erlangen-Nürnberg, wo er seitdem als Professor für Kulturgeographie tätig ist. Nach wie vor stehen die Alpen im Zentrum seines wissenschaftlichen, politischen und persönlichen Engagements, wobei besonders die Jahre 2005 und 2006 mit der italienischen und französischen Ausgabe seines Alpen-Buches und mehreren Preisen in Italien und der Schweiz eine große internationale Anerkennung brachte. Seit dem Wechsel nach Erlangen beschäftigt sich Werner Bätzing neben den Alpen auch mit den ländlichen Räumen in der Metropolregion Nürnberg und hier besonders mit dem neuen Phänomen der Regionalprodukte und ihrer wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Aufwertung.