17. Philosophicum Lech
Ich.
Der Einzelne in seinen Netzen.
Donnerstag, 26. September 2013 um 15.00 Uhr
Magna-Impulsforum:
Sei ganz Ich?
Michi Klemera
Magna-Impulsforum
Zur Person
Mit 18 Jahren, nachdem ich meine Abschlussprüfung nicht bestanden habe, habe ich meinen Vater gefragt, ob ich in seiner Firma, ein Schuhgroßhandel, anfangen kann. Begeistert war er darüber anfangs nicht, doch ich war glücklich, bei ihm einsteigen zu können.
Mein Bruder, der ebenfalls über Umwege in die Firma eingetreten ist, wurde mir als Partner zur Seite gestellt und sofort habe ich meinen eigenen Weg gesucht. 25 Jahre lang war ich für den Verkauf tätig und habe Schuhe und Mode internationaler Marken aus dem Ausland in Italien vertrieben. Die doppelsprachige Region Südtirol habe ich als Bindeglied ausgenützt und war vor allem auf dem italienischen Markt tätig.
Durch Zufall lernten wir bei einem Termin mit unserem Rechtsanwalt die Familie Trenker kennen und haben uns kurz unterhalten. Zu diesem Zeitpunkt waren wir in der Mode bereits weltweit im Vertrieb tätig und haben uns mit dem Gedanken getragen, ein eigenes Label zu gründen.
Nachdem wir mit der Familie Trenker einen Vertrag über die Namensrechte abgesclossen haben, suchten wir nach einem Bekleidungsproduzenten als Partner.
Im Jahr 1995 starteten wir mit unserem Luis Trenker Konzept und konnten uns innerhalb der nächsten fünf Jahre zwar ein hohes Ansehen und viele prominente Freunde wie Thomas Gottschalk oder Arnold Schwarzenegger erarbeiten, trotz des guten Images, das mit der Marke verbunden war, stimmte der wirtschaftliche Umsatz in Zahlen aber nicht.
Darauf hin kam es nach einigen Disussionen zur Trennung von unserem bayrischen Produzenten und der Vertrag wurde in beiderseitigem Interesse aufgelöst.
Wir aber wollten weitermachen und mein Bruder und ich gründeten im Jahr 2000 eine Vertriebsgesellschaft, stellten eine neue Finanzierung auf die Beine und starteten nochmal durch.
Wir haben uns ganz einer Person, die in den 20er-, 30er- und 40er-Jahren des 20. Jahrhunderts besonders erfolgreich war und von Südtirol aus die Welt eroberte, als Thema verschrieben, und wollten ihr unsere Modekollektion widmen.
Luis Trenker war eine sehr charakterstarke Persönlichkeit. Er hat mich begeistert, weil er aus dem kleinen Dorf St. Ulrich im Grödnertal hinaus in die Welt ging, den Horizont gesucht und die Berge überwunden hat. Er war Architekt und Bergführer und wurde durch Zufall Filmstar. Er hat sieben Filme in Hollywood gemacht und wurde zum Pionier aller Bergfilmer wie Toni Sailer oder Willi Bogner, die Jahre danach kamen. Er war auch in New York erfolgreich und nach seiner Hochzeit 1928 kamen seine vier Kinder in Berlin zur Welt. Wir Südtiroler sind zwar etwas besonderes, aber sobald wir in einer Metropole sind, fühlen wir uns eingeengt. Luis Trenker hat mir gezeigt, dass man keine Grenzen und keine Ängste haben muss - man wird in der Welt offen aufgenommen. Das war so faszinierend an der Person Luis Trenker.
Luis Trenker erobert die Welt
Ich bin schon von vielen Südtirolern gefragt worden, ob wir auch ins Ausland verkaufen, denn sie können nicht glauben, dass man von Bozen aus die Modewelt erobern kann - die Modemetropolen sind schließlich Mailand, Paris, London oder New York. Obwohl unsere Hauptmärkte natürlich im Alpenraum - Schweiz, Süddeutschland, Österreich und Norditalien - liegen, haben wir weltweit circa 280 Kunden. Wir sind stolz, auch Russland dazuzählen zu können und in Japan in den drei besten Departement Stores vertreten zu sein. In den Tourismusorten der Rocky Mountains, Vail und Beaver Creek, sind wir besonders gerne gesehen, weil wir eine weltweit einzigartige Geschichte erzählen - die Geschichte einer Persönlichkeit, die aus einem kleinen Land in die Welt hinaus gezogen ist, ihren Weg gesucht und gelebt hat.
Wir wollen mit unseren Kollektionen die besonderen Gefühle, die ein Luis Trenker erweckt, wenn man sie zulässt, ausdrücken. Unsere Mode wird anders angenommen als eine "normale" Modekollektion oder bekannte Marken, die mit Millionen Euro Werbebudget großen Erfolg haben. Im Gegensatz dazu sind wir doch winzig klein. Noch! Aber wir haben ganz klare Visionen.
Jedes Modejahr hat zwei Saisonen: Frühjahr/Sommer und Herbst/Winter. Vor jeder Saison suchen wir ein Thema, das aus dem Leben kommt und den Charakter Luis Trenker widerspiegelt. Wir suchen positive und negative Erfahrugen, die wir machen, einfließen zu lassen. Unsere Mode ist charismatisch, witzig, offen für Neues, ironisch - so wie der Weltmann Luis Trenker.
Ein Problem, das nicht in allen Branchen so extrem gegeben ist wie in der Modewelt, ist es, jede Saison neu "leben" und auch neu "überleben" zu können. Wir müssen uns jedes Mal neu beweisen und müssen jede Saison aufs Neue "überleben". Eine schlechte Kollektion, weil man vielleicht finanzell oder emotional nicht in der Lage war, an die Kollektion der Vorsaison anzuknüpfen, bringt große Schwierigkeiten mit sich. Wir leben von Tag zu Tag und versuchen, die Welt der Mode zu verfolgen. Die Farben und Materialien, die heute in sind, müssen wir übernehmen und auf unsere Art und Weise interpretieren. Wir spielen mit einem wilden Materialmix, wir benutzen Lodenstoffe und Hirschhornknöpfe gemeinsam mit neuen Qualitäten und schaffen daraus die Luis Trenker Kollektion. In seinem Sinne betreten wir mit handgenagelten Schuhen Marmorpaläste!
Eine Kollektion zu schaffen ist nur mit großem finanziellen Aufwand und viel Energieleistungen möglich. 2005 war unser bisher erfolgreichstes Jahr - wir haben eine Kollektion entworfen, die uns besondere Aufmerksamkeit gebracht hat. Danach hielten wir uns für "unantastbar", glaubten, dass wir so weit sind, jetzt alles anpacken zu können.
Aus einer "Gefühlsattacke" heraus haben wir eine Golfkollektion entworfen, die sich zwar gut verkauft hat, wir mussten allerdings zur Einsicht kommen, dass wir dieses Projekt unmöglich durchstehen können. Es gab so viele Punkte, die nicht fertig durchdacht waren, weil ohne Budget und ohne Idee - eigentlich nur aus Freude am Leben - gestartet wurde und plötzlich traten Golfprofis und Golfklubs an mich heran ... und ich musste erkennen, dass mir, da ich ja kein Golfspieler bin, das Feeling für diesen Sport fehlt.
Auch mit unserer Skikollektion hatten wir großen Erfolg, mussten aber ebenfalls unsere Grenzen erkennen und führen sie daher sehr klein weiter.
Wir machen also auch Fehler, wichtig ist für uns aber, dass wir, wie unser Held, Mut zum Risiko haben. Wir sind ein Nischenprodukt, wir sind eigensinnig und wir wollen in die Welt hinausgehen - das sind unsere Stärken und die versuchen wir auch in Zukunft weiter auszuleben. Wir stehen für Natur und Berge, Sportlichkeit, Lässigkeit, für Stil und Geschmack. Wir kennen unsere Wurzeln, wir wollen sie anerkennen und weitererzählen.
Life ist Wonderful
In unseren Katalogen, auf unseren Modenschauen und über viele bekannte Persönlichkeiten, VIPs oder Freuende der Kollektion, wie ich sie nenne, versuchen wir Emotionen zu erwecken. Natürlich ist Luis Trenker an Südtirol und an Tracht gebunden, trotzdem machen wir keine klassische Trachtenkollektion. Immerhin sind wir auch auf der ISPO in München, der größten Sportartikelmesse der Welt, vertreten und haben bereits elf Global Sportstyle Awards der Zeitschrift GQ gewonnen. An dieser Preisverleihung teilzunehmen bedeutet, dass man mit 150 Mitbewerbern, allen Marken, die im Sportbereich bekannt sind und in Europa und Amerika Rang und Namen haben, konkurriert. Niemand hat in den vier Jahren, seit es diesen Preis gibt, so viele Awards gewonnen wie Luis Trenker; mit drei Preisen an zweiter Stelle liegt kein Geringerer als Adidas.
Von Journalisten werde ich oft gefragt, was ich mit Luis Trenker bewegen will, wen ich ansprechen und wen ich anziehen will. Meine Antwort darauf ist: Wir sind keine Sportsware - wir sind aber sportlich. Wir sind keine Tracht - wir sind aber traditionell und alpin. Wir sind nicht Mode, aber wir sind modisch. Wir sind Kultur und wir sind kultig. Das zusammengefasst bedeutet, Luis Trenker zu sein.
Unsere Kunden sind schwer einzuordnen. Wir machen Kollektionen für Männer und Frauen, aber im Herrensektor sind wir besonders erfolgreich. Männer, die sich anders kleiden wollen, die müde sind, den immer gleichen Anzug anzuziehen, haben erkannt, dass man einen normalen Doppelreiher auch anders interpretieren kann. Ein weißes Hemd, aber eine andere Krawatte oder ein anderer Schuh mit kleinen Elmenten dazu, und schon kann man sich anders präsentieren, aber man muss stark genug sein, es zu tragen und einen eigenen Weg zu gehen.
Wer ein großes Risiko eingeht, wird auch Fehler machen. Wichtig ist, daraus zu lernen. Bis heute kämpfe ich oft mit meinen Partnern und Mitarbeitern in Budgetbesprechungen, weil ich eine Vision habe und weiß, dass ich erst 30 Prozent dessen umgesetzt habe, was ich erreichen will. Ich habe ein klares Ziel, ich habe eine klare Strategie und möchte sie so schnell als möglich umsetzen. Diese Strategie und diese Gefühle vereint sind für mich der Mittelpunkt meines Lebens, deswegen benutze ich seit drei Jahren den Spruch "Life is wonderful" für die Luis Trenker Kollektion.
Luis Trenker ist mehr als ein Modelabel - es ist ein Lebensgefühl! Dieser alpine Liefestyle drückt sich im Zusammenspiel vieler - auf den ersten Blick gegensätzlicher - Elemente aus. Wir komponieren unsere eigene Musik, die auf den Modeschauen zum Einsatz kommt, und brasilianische Models präsentieren unsere Mode ebenso wie ein 80-jähriger Bergfex am Laufsteg.
Die Kollektion umfasst neben Kleidung und Schuhen auch Produkte wie Kissen, Marmeladen und Himbeersaft. Wir haben Hotels ausgestattet und das Design für Autos übernommen, unsere Luis Trenker-Shops und Messestände sind Erlebniswelten. Wir wollen die Glaswand zwischen Almhütte und Marmorpalast sein.
Ich glaube, wir werden so gut angenommen, weil Luis Trenker im Grunde eine lässige Clique ist. Ich suche mir meine Mitarbeiter und Vertreter sehr speziell aus. Es sollen Menschen sein, die Freude am Leben haben, die ihr Leben genießen und etwas besonderes leisten wollen. Auch ich war lange unter den Fittichen meines großen Bruders, aber ich hatte das große Glück, meinen eigenen Weg gehen zu können und habe die Möglichkeit genutzt. Ich habe die Verantwortung dafür übernommen und genieße auch die Akzeptanz, die mein Weg und meine Persönlichkeit erfahren.
Ich gehe hinaus in die Welt und freue mich auf die Begegnung mit neuen und interessanten Menschen.
Nice to meet you!