Tractatus-Preisträger 2013

Kurt Bayertz

Bereits zum fünften Mal würdigt der Tractatus als hochdotierter Preis des Philosophicum Lech herausragende Publikationen auf dem facettenreichen Felde der philosophischen Essayistik.

2013 erhält die renommierte Auszeichnung der Philosoph Kurt Bayertz für sein viel beachtetes Werk „Der aufrechte Gang. Eine Geschichte des anthropologischen Denkens“. Mit dem ebenso anspruchsvollen wie unterhaltsamen Buch gelingt es dem Autor, die Bedeutung der aufrechten Haltung für das Selbstverständnis des Menschen im Spiegel der Ideengeschichte nachzuzeichnen.

Seit seiner erstmaligen Verleihung im Jahr 2009 steht der Tractatus für bemerkenswerte, höchst gelungene Werke aus dem Bereich des philosophischen Essays. Auf eine Anregung des Schriftstellers Michael Köhlmeier zurückgehend und dank eines privaten Sponsors mit 25.000 Euro hochdotiert, gilt der Preis des Philosophicum Lech als ebenso richtungsweisend wie renommiert. „Mit dieser Auszeichnung wollen wir alljährlich anhand eines herausragenden Beispiels das breite Spektrum wie auch die hohe Kunst der philosophischen Essayistik würdigen“, so Konrad Paul Liessmann, wissenschaftlicher Leiter des Philosophicum Lech. In die engere Auswahl kommen deutschsprachige kulturwissenschaftliche Publikationen, die philosophische Fragen in erweitertem Sinne ebenso fundiert und ambitioniert wie auch einer breiten Öffentlichkeit verständlich diskutieren.

Auch in diesem Jahr spiegelte die im Juni veröffentlichte Shortlist das facettenreiche Schaffen auf diesem Felde wider. Die Nominierung der exzellenten Werke – so von Vittorio Hösle, Odo Marquard, Anna Mitgutsch, dem erst vor kurzem verstorbenen Henning Ritter oder auch von Peter Sloterdijk – erfolgte durch die hochkarätig besetzte Tractatus-Jury. Dem dreiköpfigen Gremium, dem die Philosophin Ursula Pia Jauch (CH), der Philosoph und Sachbuchautor Rüdiger Safranski (D) sowie der Kulturpublizist und Philosoph Franz Schuh (A) angehören,  obliegt auch die Wahl der prämierten Publikation. Aufgrund der durchwegs brillanten Bücher auf der Shortlist fiel auch 2013 die Entscheidung nicht leicht, wobei als Kriterien insbesondere die Originalität des Denkansatzes, eine gelungene sprachliche Gestaltung sowie die Relevanz des Themas ins Gewicht fallen.

Nach eingehender Diskussion fiel die Wahl schließlich exemplarisch auf das 2012 erschienene und mittlerweile bereits in zweiter Auflage erhältliche Buch „Der aufrechte Gang“ von Kurt Bayertz. Bereits der Untertitel „eine Geschichte des anthropologischen Denkens“ kündet vom großen Wurf, den Bayertz damit gewagt hat – und der ihm in beeindruckender Weise gelungen ist. In überaus unterhaltsamer und feinsinniger, zugleich anspruchsvoller und fundierter Weise zeichnet er in dem 415 Seiten starken Werk die Bedeutung des aufrechten Ganges in der Selbstwahrnehmung und dem Denken des Menschen nach. Der zeitliche Bogen spannt sich dabei von den anthropologischen Reflexionen der antiken Philosophen über die ethischen Implikationen christlicher Deutungen und den radikalen Umbruch des Verständnisses der Conditio Humana in der Aufklärung bis hin zu kultur- und sozial-theoretischen Überlegungen aus jüngster Zeit.

Kurt Bayertz, der eine Professur für praktische Philosophie in Münster innehat, führt den Leser ebenso detailreich wie kompakt und genauso scharfsinnig wie pointiert, somit höchst geschickt durch die rund 2500 Jahre alte, weit verzweigte Ideengeschichte zum „aufrechten Gang“.

Spürbar wird die Begeisterung an dem Thema, die den Philosophen bei der mehrjährigen Arbeit an dem Band getragen hat. Vergnüglich ist unter anderem die von Bayertz eingestreute Ironie, die nicht zuletzt auf metaphorischen Wendungen abzielt – wie der Rede von „Aufrichtigkeit“, vom „Rückgrat zeigen“ oder vom „erhobenen Haupt“. „Kurt Bayertz hat mit seinem Buch vom ‘Aufrechten Gang’ auf heitere Weise daran erinnert, dass das ‘aufrichtig Sein’ auch im frühen 21. Jahrhundert weiterhin keine Tatsache ist, sondern ein philosophisches Postulat, eine Kunst und eine schöpferische Aufgabe für alle Erdenbürger“, so Ursula Pia Jauch in der Begründung der Jury.

Die feierliche Verleihung des Tractatus erfolgt am 27. September um 21:00 Uhr im Rahmen des Philosophicum Lech, das sich dieses Jahr dem Thema „Ich. Der Einzelne in seinen Netzen“ widmen wird.