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2002

6. Philosophicum Lech

Die Kanäle der Macht

Herrschaft und Freiheit im Medienzeitalter

Internet, E-Mail, Mobiltelefon, TV - die moderne Kommunikationsmittel verändern den Lebensalltag, und sie haben auch gravierende gesellschaftspolitische Folgen:  die traditionellen Formen der Politik sind Druck durch die Medien ausgesetzt, die Medien stellen selbst eine Macht dar. Freie Medien und Medienvielfalt sind für eine funktionierende Demokratie notwendig, doch verbirgt sich hinter der vermeintlichen Breite des Angebots und hinter dem Karussell der technischen Innotationen nicht das Immergleiche einer nivellierenden Kulturindustrie? Es läßt sich der Verdacht formulieren, dass sie nicht nur die Politik zur Show werden läßt, sondern überhaupt auf Unterhaltung anstellen von demokratischer Partizipation setzt. Das Philosophicum des Jahres 2002 möchste sich der Frage stellen, wo im viel beschworenen Medienzeitalter sich die Macht verborgen hält, wie sie sich ausdrückt, woran die Konstellationen von Macht und Herrschaft zu erkennen sind und wie demgegenüber Freiheit realisiert werden kann.
Wo konzentriert sich die Macht heute? Läßt sich über Macht und Herrschaft überhaupt noch in einer traditionellen Weise sprechen, oder sind die "Mächtigen" längst abgelöst worden durch sich ständig verändernde Kommunikations- und Informationsflüsse, in denen Menschen nur noch eine ephemere Rolle spielen? Läßst sich die Macht noch bestimmten sozialen Gruppen - Männern, Kapitaleignern, Reichen, Politikern - eindeutig zuordnen? Wie verändern Kommunikationsmedien das politische Denken und Handeln? Wo wird in der virtuellen Welt Macht noch als Macht erfahren? Was bedeutet "Medienpräsenz" für Politik, Wirtschaft und Kultur? Wie groß ist die immer wieder beschworene "Macht der Bilder" tatsächlich? Und wie sehen heute die "Bilder der Macht" aus ? Die Medien kontollieren die Macht - wer aber kontrolliert die Macht der Medien? Welche Chancen  hat (oder hatte) die "virtuelle Demokratie"? Gilt der Satz "Wissen ist Macht" noch in einer "Wissensgesellschaft", in der jeder Zugang zum Wissen haben wird? Was bedeutet die Dominanz einer "Ökonomie der Aufmerksamkeit", in der Aufmerksamkeit zu erregen zur wichtigsten Voraussetzung für Erfolg ist? Macht es Sinn, von einer Macht des Marktes, des Sachzwangs oder gar von einer Macht der Ohnmächtigen zu sprechen, gibt es noch eine Macht der Ideen, der Ideologien, der Überzeugungen, des Glaubens? Und wie begründet ist der verdacht, dass hinter den glitzernden Oberflächen der neuen Medien die alten Mechanismen der Macht, wie sie etwa von Machiavelli und Thomas Hobbes beschrieben wurden, allemal noch wirksam sind? Die Frage wird also sein: Durch welche Kanäle fließt die Macht, wo verzweigen sich diese und wo sind die neuralgischen Punkte? Wer über den Zusammenhang von Macht und Medien nachdenkt, wird aber auch grundsätzlich mit der Frage konfrontiert, was die Präsenz der ganz realen Gewalt in den modernen elektronischen und digitalen Medien bedeutet, was die Ästhetisierung von Terror und Gewalt durch ihre vielfältige mediale aneigung und Vermittlung für das gesellschatliche Bewußtsein und die konkrete Politik heißt. Das 6. Philosophicum Lech möchte sich auch zentral diesem Problem stellen und versteht sich so als theoretisch-reflektierender Beitrag zur Aktion "Kunst gegen Gewalt".

Um über Macht, Herrschaft und Freiheit nachzudenken und zu diskutieren, ist es gut abseites der Machtzentren zusammenzukommen.

Impressionen 6. Philosophicum Lech

Referenten

Konrad Paul Liessmann
Die Kanäle der Macht. Herrschaft und Freiheit im Medizinzeitalter

Karl Otto Hondrich
Die Macht der Macht

Georg Franck
Mentaler Kapitalismus

Rainer Paris
Tücken der Macht. Das Beispiel der Politik

Cora Stephan
Die Macht der Quote und die Grenzen der Demokratie

Thomas Meyer
Mediokratie. Die Kolonisierung der Politik durch die Medien

Peter Glotz
Kommunikation, Macht und Geschwindigkeit

Reinhold Knoll
Gedanken zum Fernsehen

Elisabeth Bronfen
Unheimliche Entmachtungen. Die Macht des Bildes im Erzählkino

Walter Grasskamp
Kunst, Medien und Globalisierung. Ein Rückblick auf die documenta 11

Christina von Braun
Macht ist ein ganz besonderer Saft. Die Bilder des Kollektivkörpers

Robert Menasse
Zeit im Bild

Moderation

Konrad Paul Liessmann
Manfred Jochum

Magna-Impulsforum

Norbert Bolz
Hubert Burda
Oscar Bronner
Klaus Kinkel
Morak Franz
Ron Sommer