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2023

26. Philosophicum Lech

Alles wird gut.

Zur Dialektik der Hoffnung

Was dürfen wir hoffen? Immanuel Kants berühmte Frage müsste heute umformuliert werden: Dürfen wir überhaupt noch hoffen? Angesichts einer krisengeschüttelten Welt, in der sich Nachrichten über Klimakatastrophen, Kriege, zusammenbrechende Versorgungssysteme und Pandemien überbieten, scheint kein Platz mehr für jene Hoffnungen, die sich in optimistischen Erwartungen, lichtvollen Utopien und Visionen vom ewigen Frieden zeigten.

Hoffnung war immer schon ein zweischneidiges Schwert. Hoffnung ist das, was bleibt, wenn nichts mehr getan werden kann. Hoffnung ist das Eingeständnis eines Scheiterns, das nur noch auf das Unverfügbare setzen kann: auf ein Wunder. Hoffnung ist aber auch das, was uns in finsteren Zeiten aufrecht
hält und an eine Zukunft glauben lässt. Hoffnung kann ein schwacher Trost für Menschen sein, die man aufgegeben hat, Hoffnung kann jedoch dem Kraftlosen den Mut zum Weiterleben ermöglichen. Hoffnung kann zur Untätigkeit verurteilen, Hoffnung kann zur Aktivität anstacheln, Hoffnung kann die Fügsamkeit befördern, sie kann den Willen zum Widerstand entfachen. Für gläubige Christen ist die Hoffnung neben dem Glauben und der Liebe sogar eine göttliche Tugend.

Doch dort, wo wirklich alles verspielt ist, gilt der Imperativ, mit dem Dantes Hölle die Neuankömmlinge empfing: Lasst alle
Hoffnung fahren! Das zukunftsorientierte Leben des modernen Menschen ist grundiert von Hoffnungen, die mitunter vom frommen Wünschen
kaum zu unterscheiden sind. Dass es einen Fortschritt gäbe, dass neue Technologien wie die Künstliche Intelligenz eine bessere Welt ermöglichen werden, dass die Klimaziele erreicht werden können, dass soziale Ungleichheiten beseitigt, gerechtere Verhältnisse geschaffen sowie Rassismus und Sexismus
besiegt, unheilbare Krankheiten dank des medizinischen Fortschritt eliminiert werden und die Lebenserwartung des Menschen steigt, bis zur Unsterblichkeit – all das sind angesichts der Wirklichkeit mehr oder weniger vage Hoffnungen auch dann, wenn sie sich im Gewand der wissenschaftlichen Prognose zeigen.

Und konterkariert werden diese Hoffnungen von dystopischen Ängsten. Es gibt in manchen Religionen die paradoxe Hoffnung
auf den Weltuntergang, auf die Apokalypse. Oft wird diese jedoch beschworen in der Hoffnung, dass drastische Warnungen und Aufrufe zur Umkehr im letzten Moment das Schlimmste noch verhindern können. Wie begründet unsere Hoffnungen sind oder ob sie uns in die Irre leiten und zu einem falschen, getrübten Blick auf die Welt führen, ist Gegenstand heftiger Debatten. Es kann auch fatal sein, sich falsche Hoffnungen zu machen und dann mit der Enttäuschung weiterleben zu müssen. Frustration und Wut sind die Folge. Alles wird gut. Ob dieser Satz seine Berechtigung hat oder ironisch verstanden werden muss – darüber werden beim 26. Philosophicum Lech Vortragende aus Philosophie, Sozial- und Kulturwissenschaften und benachbarten Disziplinen referieren und mit dem Publikum diskutieren.

Impressionen 26. Philosphicum Lech

Vortragende


Christine Abbt
Offene Horizonte. Zum Gestaltungspotential nicht-idealer Voraussetzungen

Philipp Blom
Alles wird gut? - Kleine Anatomie der realistischen Hoffnung

Christian Dries
"... in Hoffnung, dass wir hoffen dürfen"? Günther Anders und die Heuristik der Hoffnungslosigkeit

Konrad Paul Liessmann
Alles wird gut. Zur Dialektik der Hoffnung

Fred Luks
Die Hoffnung auf Nachhaltigkeit. Möglichkeiten und Grenzen des ökologisch-ökonomischen Wandels

Catrin Misselhorn
Künstliche Intelligenz – und alles wird gut?

Hartmut von Sass
Außer sich sein. Über Hoffnung und Ekstase

Renée Schroeder
Dürfen wir auf Unsterblichkeit hoffen?

Peter Strasser
Apokalypse. Die Rettung der Welt durch ihren Untergang

Francesca Vidal
Vom Tagtraum zur Utopie oder Über die Notwendigkeit, utopisch zu denken

Harald Welzer
Hoffnung ist eine Falle. Zur Sozialpsychologie wunschgetriebenen Handelns

Moderatoren


Konrad Paul Liessmann
Karl Gaulhofer

 

Philosophicum Dialoge


Philosophicum Dialoge I
Wie ist die Lage?

Martin Haidinger - Moderator
Reinhard Merkel
Eva von Redecker


Philosophicum Dialoge II
Was ist zu tun?

Judith Belfkih - Moderatorin
Ulf Poschardt
Christian Rainer

Philosophisch-literarischer Vorabend


Die Büchse der Pandora

Michael Köhlmeier
Konrad Paul Liessmann

 

Magna-Impulsforum


Lasst alle Hoffnung fahren" - Stehen wir am Eingang zur Hölle?

Michael Fleischhacker - Moderator
Jörg Phil Friedrich
Nermin Ismail
Helga Rabl-Stadler
Martin Werlen

Dieter Althaus (Vice President Governmental Affairs Magna Europe)
Gute Fahrt! Warum die Automobilindustrie die Hoffnung nicht fahren lassen darf

Tractatus


Isolde Charim - Preisträgerin
Catherine Newmark - Laudatorin
Barbara Bleisch - Moderatorin

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